Als großer Außenseiter nach Potsdam

24.10.2023 09:26 // hk

Die Rollen sind klar: Der 1. VfL Potsdam ist am 9. Spieltag der 2. Handball-Bundesliga der haushohe Favorit gegen die Eulen Ludwigshafen. Das Spiel in der MBS-Arena am Olympischen Weg beginnt am Mittwoch, 20 Uhr. Dyn überträgt – wie alle Spiele der 1. und 2. Bundesliga – live und auf Abruf. Schiedsrichter sind Sebastian Grobe aus Braunschweig und Adrian Kinzel aus Dortmund.

Kian Schwarzer vor Max Beneke

Bob Hanning, der dem deutschen Handball mit den von ihm entwickelten Talenten so richtig starken Rückenwind verlieh, trainiert die Potsdamer in Liga 2 und ist parallel dazu als Geschäftsführer der Macher bei den Füchsen Berlin. Ihr Höhenflug ist eng mit Hannings Wirken verbunden. In Potsdam reifen tolle Jungs aus dem Talentschuppen der Füchse. U21-Nationaltorhüter Lasse Ludwig (21) beispielsweise. Nils Lichtlein (21), mit 1,83 Meter eine echte Größe auf halbrechts und als Spielmacher, ist so ein Mann mit Zukunft. Über Potsdam schaffte er quasi auf dem „zweiten Bildungsweg“ in den Sprung ins Bundesliga-Team der Berliner. Max Beneke, 20, U21-Weltmeister wie Ludwig und Lichtlein, ist inzwischen auch Nationalspieler mit guten Chancen bei der Heim-WM 2024 am Start zu sein. Beneke, halbrechts ist sein Revier, ist 1,98 Meter groß und mit Zweitspielrecht für die Füchse ausgestattet. Und er lässt es aber weiter auch in Liga 2 kräftig krachen. Beim jüngsten 32:30-Sieg der Potsdamer beim EHV Aue traf Beneke 13 mal. Alle sechs Siebenmeter saßen! Mit 61 Treffern, davon 20 Siebenmeter, ist er mit einer Wurfquote von 67,09 % Zweiter der Torjägerliste. Die führt weiter Eulen-Linksaußen Kian Schwarzer an, der 62 Tore warf, 23 davon mit Siebenmeter. Wurfquote: 80,52 %.

Wiedersehen mit Sergej Gorpishin

„Potsdam ist klar in der Favoritenrolle“, urteilt Eulen-Coach Johannes Wohlrab, der „sehr viel individuelle Qualität“ in der jungen Potsdamer Mannschaft sieht, in der der von den Eulen gekommene Kreisläufer Sergej Gorpishin als Abwehrspezialist mit seinen 26 Jahren so etwas wie den „elder Statesman“ verkörpert. Potsdam ist mit 11:5 Punkten Tabellendritter hinter dem neuen Spitzenreiter SG BBM Bietigheim und dem ASV Hamm-Westfalen. Beide Spitzenteams haben jeweils 14:2 Punkte. Die Eulen sind mit 6:10 Punkten 13.. Gerade auf einen Shooter wie Nationalspieler Beneke gilt es sich einzustellen, sagt Wohlrab und warnt: „Beneke wirft in jedem Spiel 20 mal …“ Da ist weniger eine 5:1-Abwehr als Kompaktheit gefragt, ein starker Block, die Torhüter. Nach vier Niederlage in Folge sind die Eulen in Zugzwang – das Punktekonto ist überzogen. „Die Moral in der Mannschaft stimmt aber! Der Kampfgeist ist da, es würde helfen, auch mal den Lucky Punch zu setzen. Jetzt geht es nicht darum, zwei Kempa zu haben, sondern um die Basics. Jeder Einzelne muss alles fürs Kollektiv tun“, fordert der Eulen-Coach.

Fragezeichen Max Haider

Problematisch bei den Eulen war zuletzt die Besetzung am Kreis: Beim 30:31 letzten Samstag gegen die HSG Nordhorn-Lingen schied Max Haider nach sechs Minuten verletzt aus. Haider hatte schon in den Tagen vor dem Spiel Probleme mit dem Fuß, nach der Landung von Kreisläufer Dominik Kalafut auf Haiders Fuß war das Spiel für den Eulen-Kapitän beendet. Da auch Kasper Manfeldt Hansen noch verletzt pausierte, hatte Tom Bergner 54 Minuten als Kreis-Alleinunterhalter das Vergnügen. „Es hat Spaß gemacht, aber es war anstrengend. Nach 15 Minuten dachte ich schon, ich bin total kaputt“, schilderte Bergner, der gut spielte, alles investierte, aber auch die Kraft ausging. Hinter Haiders Mitwirken in Potsdam steht noch ein Fragezeichen. Der Kapitän fällt möglicherweise aus. Ursache der jüngsten Niederlagenserie ist nach seiner Ursachenforschung „fehlende Cleverness“.

Die importierte Hoffnung: Simon Schwarz

Zum Kader der Eulen zählt in Potsdam auf alle Fälle ein „Nothelfer“ aus dem Drittliga-Team des HLZ Friesenheim-Hochdorf: Simon Schwarz, ein gelernter Kreisläufer, trainierte am Montag erstmals bei den Eulen mit und startet am Dienstag mit der Mannschaft gen Potsdam. Simon Schwarz kam 2022 ins HLZ, spielte zuvor beim TSV Birkenau, der SG Leutershausen und dem TV Mosbach. Schwarz ist 28, studierter Informatiker, und lebt in Mannheim. Am Sonntag erhielt der 1,82 Meter große, 98 Kilo schwere Schwarz die Anfrage von HLZ-Coach Gabriel Schmied, ob er am Montag bei den Eulen mittrainieren und am Mittwoch spielen könne. Der Kreisläufer war sofort Feuer und Flamme. „Ich dachte, schön mal in der Ebert-Halle spielen zu dürfen. Dann erst habe ich gesehen, dass es nach Potsdam geht …“, erzählt Simon Schwarz schmunzelnd. Und freut sich! Er ist dabei – und wird allenfalls am Mittwoch einen halben Tag Urlaub nehmen. „Ich bin Marketing-Manager und fast zu 100 Prozent im Homeoffice. Das verlege ich am Dienstag eben in den Mannschaftsbus“, erklärt Schwarz. Er kennt natürlich Jungs wie Marc-Robin Eisel, Tim Schaller, Kasper Manfeldt Hansen oder Mihailo Ilic aus gemeinsamen Einsätzen beim HLZ in Liga 3. Aber Schwarz fühlte sich am Montag beim Training auch so gleich sehr wohl im Team: „Die Jungs machen es einem leicht, sie sind alle sehr nett!“ Simon Schwarz sieht sich als Nothelfer: „So nehme ich meine Rolle auch an. Ich sehe meinen Einsatz als Riesenbelohnung. Ich freue mich natürlich, dass Joh an mich gedacht hat.“


Fotos: Harry Reis /Eulen

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