32 : 29
(19 : 10)

TV Großwallstadt

Boukovinas (Minerva 57. bei einem Siebenmeter) - Bandlow (5), Stark (1), Schauer (2) - Bicer (9/5), Eisenträger (2) - Corak (8) - Mohr, Kammlodt (4), Strakeljahn, Salger (1)

Die Eulen Ludwigshafen

Urbič (Grupe 16. bei einem Siebenmeter, ab 18.) - Klein (2), Trost (2), Eisel - Falk (4), Schwarzer (12/4) - Haider (4) - Meyer-Siebert, Raguse (2), Manfeldt Hansen, Bergner (3), Leun, Schaller, Ilic
Spielverlauf: 2:0 (2. Minute), 2:1 (4.), 4:4 (9.), 8:5 (13.), 16:5 (23.), 16:6 (24.), 19:10 (Halbzeit), 19:12 (34.), 21:15 (38.), 22:19 (45.), 25:19 (48.), 27:22 (51.), 29:24 (55.), 29:26 (58.), 32:29 (Ende)
Siebenmeter: 6/5 - 5/4
Rote Karten: -
Zeitstrafen: 1/3
Zuschauer: 1367
Schiedsrichter: Bona/Frank

Erst Vollversagen, dann beherzte Aufholjagd bei bitterer Niederlage

08.10.2023 10:44 // hk

Deprimierend. Schmerzhaft. Rätselhaft: Die Eulen Ludwigshafen haben am Samstag vor 1367 Zuschauern in der Untermainhalle in Elsenfeld gegen den TV Großwallstadt 29:32 (10:19) verloren. Was am Ende relativ knapp ausschaut, war zunächst eine Demontage. Die erste Halbzeit war wie eine schlechte Raubkopie der ersten 30 Minuten beim vergeigten Eulen-Heimspiel gegen Hagen vor einer Woche. Nach neun Minuten stand’s am Samstag 4:4, der TVG zog auf 8:4 davon, Kian Schwarzers 5:8 nach 12:16 Minuten folgte eine mehr als elfminütige Torflaute der Eulen, Großwallstadt bejubelte einen 8:0-Lauf zum 16:5, ehe Alexander Falk nach 23:49 Minuten wieder traf: 6:16! Zur Pause führte der TV Großwallstadt mit neun Toren: 19:10!

Die Neun-Tore-Hypothek

„In der ersten Halbzeit hatten wir 15 Minuten lang ein Vollversagen auf allen Ebenen“, gestand Eulen-Coach Johannes Wohlrab. TVG-Coach Michael Roth hingegen strahlte nach dem vierten Heimsieg im vierten Heimspiel: „Wir haben eine fantastische erste Halbzeit gespielt.“ Nach dem Seitenwechsel bäumten sich die Eulen endlich auf, da stimmte auf einmal der körperliche Einsatz, da war ein Miteinander, da wusste Torwart Mats Grupe auf einmal auch eine echte Abwehr vor sich, die in der Umstellung auf 5:1 auflebte. Die Eulen kamen in der 45. Minute auf 19:22 heran, Hoffnung keimte. „Wir hatten tatsächlich noch die Chance, das Spiel zu kippen“, sagte Wohlrab. Die Neun-Tore-Hypothek der ersten Halbzeit aber war nicht mehr zu tilgen.

Ein 15 minütiger Black-out

Nach 22 Minuten hatte Joh Wohlrab schon zwei seiner drei Auszeiten aufgebraucht. Was er in der ersten Halbzeit auch versuchte, es ging schief: Die Korrektur der Start-Sieben, in der Mex Raguse fehlte, der nach einem studienbedingten Berlin-Aufenthalt dem Coach etwas müde erschien, der frühe Torhüterwechsel, der Einsatz des siebten Feldspielers, der Versuch mit zwei Kreisläufern, die Neuordnung im Abwehrverbund, die Wechsel am Regiepult, der zwischenzeitliche Wechsel des Siebenmeterschützen. Nichts ging, nichts lief! Den ersten Siebenmeter hatte Kian Schwarzer in der 14. Minute an die Latte gesetzt, den zweiten warf Tim Schaller neben das Tor (22.). Mit technischen Fehlern und fahrigen Abschlüssen wurde der TV Großwallstadt, den Steuermann Mario Stark auf die Siegerstraße führte, zu Gegenstößen eingeladen. Michael Roths Taktik, auf die kleineren Akteure zu setzen, fruchtete. Halbrechts bot Frieder Bandlow vor allem vor der Pause eine ganz starke Leistung. Herausragende individuelle Klasse demonstrierten der pfeilschnelle Rechtsaußen Görkem Bicer und Kapitän Dino Corak am Kreis. Dazu kam mit Petros Boukovinas ein großer Rückhalt im Tor. „Einen kollektiven 15 minütigen Black-out“, machte der Trainer der Eulen für den fatalen 10:19-Rückstand verantwortlich. Die Abwehr war in vielen Phasen dieser Horror-Halbzeit nicht existent, die Torhüter griffen fast nichts, mussten sich aber auch fühlen wie Schießbudenfiguren auf der Friesenheimer Kerwe. „Eulen geben niemals auf, sie kämpfen …“, skandierte halbe Hundertschaft unverdrossener Eulen-Fans. Sie sollten Recht behalten!

Das Spiel konnte kippen

„Ich habe noch keine Erklärung“, gestand Trainer Wohlrab bei der Pressekonferenz inmitten gut gelaunt tafelnder VIP-Gäste des TVG. Die Kopf- und Konzeptlosigkeit der ersten Halbzeit ließ den Coach rätseln. „Wir haben nur reagiert, nicht agiert“, kritisierte Co-Trainer Andrej Kogut den statischen, lethargischen, bewegungsarmen Auftritt der ersten 30 Minuten. Nach dem Seitenwechsel zeigten die Eulen ein anderes Gesicht. Die Mannschaft schien wie verwandelt. Sie war wach. Sie war couragiert. Sie setzte Zeichen. Die 5:1-Abwehr mit Julius Meyer-Siebert als aggressiv-wirkungsvollem Vorposten griff, Mats Grupe im Tor war auf einmal da und mit acht Paraden ein Faktor der Aufholjagd, in der der nun aufblühende Mex Raguse entscheidende Impulse gab. Die Kreisläufer trafen: Max Haider, Kapitän und Vorbild (4 von 5), und Kraftwerk Tom Bergner (3 von 4) zeigten nun auch im Innenblock ihr Abwehrformat. Das Spiel schien zu kippen, die Eulen waren nah dran es zu drehen. Aber beim Stand von 17:22 verfehlte Haider in der 42. Minute aus der Distanz das leere Tor, Raguse (2 von 5) warf aus guter Position drüber, traf erst in der 44. Minute erstmals (18:22), Sebastian Trost (2 von 6) hatte keine gute Wurfquote, Alex Falk (4 von 6) wurde auf Rechtsaußen zu oft, zu lange übersehen und zu selten ins Spiel eingebunden. Nach „Sebi“ Trosts 19:22 war das Unmögliche aber wieder möglich, dann verbuchte der nach der Pause überragende Kian Schwarzer (12 von 15) einen doppelten Innenpfostentreffer. Als die Gastgeber nach 46 Minuten den siebten Feldspieler brachten, den ehemaligen Ludwigshafener Stefan Salger auf den Glasboden beorderten, stellten die Eulen auf 6:0 in der Abwehr um – das ging schief und wurde wieder korrigiert. Da führte der TVG aber wieder, setzte sich ab (25:20, 28:22). Die Eulen kamen nicht mehr näher als auf drei Tore nach Schwarzers viertem Siebenmetertreffer zum 26:29 (58.) heran.

An die eigene Nase fassen

„Es ist nicht alles Gold was glänzt, aber auch nicht alles Asche“, sagte Joh Wohlrab, der davor warnt, nun alles schlecht zu reden. Vielmehr sollte die Mannschaft sich an der spielerisch wie kämpferisch guten zweiten Halbzeit gegen Hagen und gegen Großwallstadt orientieren, wenn es am Montag, 16. Oktober, 19.30 Uhr, beim VfL Lübeck-Schwartau weiter geht. Bei 6:6 Punkten ist das ein richtungsweisendes Spiel, weiß auch Jannek Klein. „Die erste Halbzeit war Scheiße“, erklärte der stellvertretende Kapitän frank und frei. Er sieht internen Gesprächsbedarf, um die Weichen wieder auf Erfolgskurs zu stellen. „Jeder muss sich erst einmal an die eigene Nase fassen. Wir müssen uns das Selbstvertrauen neu erarbeiten, um wieder unsere Leistung abzurufen. Dass wir es können, haben wir ja in Lübbecke gezeigt“, sagte Klein. Mit 54 Treffern führt Kian Schwarzer die Torjägerliste der 2. Bundesliga an. Das aber ist nach der zweiten Schlappe in Folge kein Trost für den von großem Ehrgeiz getriebenen Linksaußen. „Ich versuche jeden Ball, jede Chance, die ich bekomme zu nutzen. Deshalb ärgere ich mich in erster Linie über meine zwei Fehlversuche, Innenpfosten-Innenpfosten, den vergebenen Siebenmeter. Ich sag‘ mir dann eben auch, dass ich der Mannschaft da auch nicht helfen konnte, Sicherheit zu bekommen“, zeigte sich Schwarzer, der Mentalität vorlebte, sehr selbstkritisch. Den freien Tag will er nutzen, den Kopf frei bekommen und dann mit neuem Elan die nächste Trainingswoche angehen. Klartext sprach auch Alex Falk: „Wir waren einfach schlecht! Wir waren in der zweiten Halbzeit nochmal dran, verpassen die Chance … Wir müssen uns an der eigenen Nase packen. Wir wollten hier gewinnen …“

Fotos: Felix Mueller

Pressekonferenz nach dem Spiel